Ende Januar jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal, ein Ereignis, das das Ende des Holocaust markiert. Millionen Menschen fielen dem beispiellosen Vernichtungswillen des nationalsozialistischen Rassenwahns zum Opfer. In diesem besonderen Jahr hat die Karl Kisters Realschule die Ehre, den Holocaust-Gedenktag der Stadt mitzugestalten und so einen Beitrag zum Erinnern und Mahnen zu leisten.
Am vergangenen Freitag hatte die 10. Jahrgangsstufe die Gelegenheit, einen außergewöhnlichen Gast im Forum unserer Schule zu empfangen: Eva Weyl, eine Überlebende des Holocaust, berichtete aus ihrem Leben. Die Schülerinnen und Schüler hörten ihrem Vortrag gespannt zu, in dem sie ihre Erlebnisse aus kindlicher Perspektive schilderte.
Eva Weyl, 1935 in Arnheim geboren, entstammt einer bekannten Kaufmannsfamilie, die ein großes Kaufhaus in Kleve führte. Ende 1934 zog die Familie nach Arnheim, um dem nationalsozialistischen Deutschland zu entkommen. Doch auch die Niederlande boten nur eine vermeintliche Sicherheit. Nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht im Frühjahr 1940 wurde das bereits bestehende Flüchtlingslager Westerbork von den Nationalsozialisten zu einem Durchgangslager für Jüdinnen und Juden umfunktioniert. Ende Januar 1942 fand sich die damals siebenjährige Eva mit ihrer Familie in Westerbork wieder. Wenig später wurden auch ihre beiden Großväter dorthin gebracht, die später nach Theresienstadt deportiert wurden, aber überlebten. Eva Weyl berichtete, dass das Lager unter der Leitung des SS-Obersturmführers Albert Gemmeker als Scheinwelt inszeniert wurde, um den Widerstand der Insassen im Keim zu ersticken. Es gab medizinische Versorgung, Schulunterricht, Garküchen und sogar auf Befehl der Lagerleitung organisierte Revueabende. Diese trügerische Normalität zerbrach für all jene, die mit den wöchentlichen Zugtransporten in die Konzentrations- und Vernichtungslager wie Auschwitz-Birkenau oder Sobibor deportiert wurden.
Eva Weyl betonte in ihrem Vortrag, dass sie ihr Überleben mehreren glücklichen Zufällen verdanke. Sie erklärte den Schülerinnen und Schülern, wie wichtig es sei, aus der Vergangenheit zu lernen. Mehrfach betonte sie, niemand trage mehr die Verantwortung für die deutsche Vergangenheit, aber die heutige Generation sei dafür verantwortlich, was sie mit diesem Wissen anfange. Nur wer die Vergangenheit kenne, könne aus ihr lernen. Besonders beeindruckend: viele Jahre besuchte sie gemeinsam mit der Enkeltochter des ehemaligen Lagerkommandanten von Westerbork Schulen, um Aufklärungsarbeit zu leisten. Zum Abschluss richtete sie einen Appell an die Schülerinnen und Schüler: Sie sollten sich gegen Hass, Neid und Eifersucht wappnen, immer einen Mittelweg suchen, ihren Verstand nutzen und auch auf ihr Herz hören.
Die Begegnung mit Eva Weyl verdeutlichte unseren Schülerinnen und Schülern, wie wichtig das Erinnern und Mahnen auch heute ist – gerade in einem Jahr, in dem das Ende des Holocaust und die Befreiung von Auschwitz 80 Jahre zurückliegen.