Der 27. Januar ist kein Tag wie jeder andere. Vor 78 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau befreit. Unser Gedenken gilt an diesem Tag den Millionen Menschen, die dem beispiellosen Vernichtungswillen des nationalsozialistischen Rassenwahns zum Opfer fielen.

Am vergangenen Freitag erhielt die 10. Jahrgangsstufe der Karl Kisters Realschule die Ehre, einen ganz besonderen Gast in das Forum an der Lindenstraße begrüßen zu dürfen. Gebannt lauschten die Schülerinnen und Schüler einem Vortrag der Holocaust-Überlebenden Eva Weyl, die ihre ganz eigene Geschichte aus kindlicher Perspektive erzählte. Eva Weyl entstammt einer bekannten Kaufmannsfamilie und wird 1935 in Arnheim geboren. In Kleve führt die Familie das Kaufhaus Weyl an der Großen Straße.  Ende 1934 ziehen die Eltern in Evas Geburtsstadt und kehren dem nationalsozialistischen Deutschland den Rücken. Doch auch in den benachbarten Niederlanden ist es nur vermeintlich sicher. Im Frühjahr 1940 besetzt die deutsche Wehrmacht die Niederlande und das bereits bestehende Flüchtlingslager Westerbork dient nun den Nationalsozialisten als Durchgangslager für Jüdinnen und Juden. Hier findet sich auch die siebenjährige Eva mit ihrer Familie Ende Januar 1942 wieder. Wenig später liefert man ihre beiden Großväter dort ebenfalls ein. Sie wurden später nach Theresienstadt deportiert und überlebten. Unter dem Kommando des SS-Obersturmführers Albert Gemmeker wird in Westerbork als Durchgangslager bis ins perfide Detail eine Scheinwelt inszeniert, um mögliche Widerstandsgebaren gleich im Keim zu ersticken. Die Lagerinsassen verbleiben so in dem Glauben einer vermeintlichen Sicherheit. Eva Weyl berichtet von medizinischer Versorgung, Schulunterricht und Garküchen. Sogar Revueabende werden auf Befehl der Lagerleitung organisiert. Die skurrile Welt zerbricht für all jene, die die wöchentlichen Zugtransporte in die Konzentrations- und Vernichtungslager Theresienstadt, Bergen-Belsen, Auschwitz-Birkenau und Sobibor antreten müssen. Eva Weyl verdankt ihr Überleben mehreren glücklichen Zufällen und verdeutlicht ihre Mission an diesem Vormittag in klaren Worten ihren jungen Zuhörerinnen und Zuhörer: „Ich möchte euch aufmerksam machen, wozu Intoleranz führen kann. Niemand ist mehr für die deutsche Vergangenheit verantwortlich, aber ihr seid verantwortlich, was ihr mit dem Wissen hierüber macht. Denn nur, wer die Vergangenheit kennt, kann aus dieser lernen.“ Mittlerweile tritt Eva Weyl auch mit der der Enkeltochter des ehemaligen KZ-Lagerkommandanten von Westerbork auf. Abschließend appelliert sie an die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen: „Seid gewappnet gegen Hass, Neid und Eifersucht. Versucht immer einen Mittelweg zu finden. Nutzt euren Verstand und hört ebenso auf euer Herz.“